Landtagsdebatte "Keine Förderung von Tarifflucht"
15. Dezember 2016

Hövelmann: Wirtschaftsförderung darf nicht der Lohndrückerei dienen

In der Aktuellen Debatte des Landtages zum Thema „Keine Förderung von Tarifflucht“ hat der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Hövelmann, die Förderung einer Betriebsverlagerung des Agrofert-Konzerns von Weißenfels nach Lutherstadt Wittenberg durch die frühere Landesregierung scharf kritisiert: „In keinem Fall darf Wirtschaftsförderung dazu führen, dass Beschäftigte durch eine mit Steuermitteln gestützte Investition hinterher weniger verdienen als vorher. Wirtschaftsförderung darf nicht der Lohndrückerei dienen! Und in keinem Fall dürfen Wirtschaftsfördermittel dafür eingesetzt werden, eine Region des Landes gegen die andere auszuspielen.“

Im Fall Lieken/Agrofert sei Wirtschaftsförderung dafür missbraucht worden, „dass in Weißenfels ordentlich bezahlte Arbeitsplätze wegfallen und dafür in Wittenberg untertarifliche Arbeitsplätze entstehen“, so Hövelmann: „Das ist Betrug am Steuerzahler und an den Arbeitnehmern.“ Betriebliche Kostensenkungsstrategien zu Lasten der Arbeitnehmer dürften nicht mit staatlicher Unterstützung noch zusätzlich lukrativ gemacht werden.

Hövelmann weiter: „Der Fall Lieken/Agrofert beleuchtet wie schon zuvor das Beispiel Fricopan in dramatischer Weise die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Lebensmittelindustrie. Das Vorgehen dieser Firmen ist aber zugleich ein Bärendienst für die Unternehmen in Sachsen-Anhalt, weil unternehmerisches Handeln und Wirtschaftsförderung insgesamt in ein schlechtes Licht gerückt werden. Es erinnert an die übelsten Zeiten des Wildost-Kapitalismus. Schlechtere Eigenwerbung kann man kaum machen – das gilt nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die damals Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium. Ein Fall Lieken/Agrofert reicht. Einen zweiten dieser Art darf es nicht geben.“

Beide Beispiele zeigten deutlich, wie überfällig eine Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung in unserem Land sei, sagte Hövelmann. „Ich begrüße deshalb die öffentlichen Ankündigungen von Minister Armin Willingmann, bei der Neuausrichtung der GRW-Richtlinie die enge Abstimmung sowohl mit der Wirtschaft als auch mit den Gewerkschaften zu suchen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat wie auch die SPD-Fraktion dieses Hauses klare Erwartungen an die künftige Wirtschaftsförderung formuliert: eine Ausrichtung an den Bedarfen der kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, und eine Ausrichtung auf die Förderung guter Arbeit, und das heißt vor allem und zuerst: gut bezahlter Arbeit, für Frauen und für Männer gleichermaßen.“