"Offener Brief" der AfD
3. April 2017

Katja Pähle: Wenn wir Warnsignale erkennen, die an NS-Vorgehen erinnern, werden wir sie auch künftig im Landtag thematisieren

Den heute als „Offener Brief“ veröffentlichten Text hat die AfD-Fraktion bereits am 23.3.2017 per E-Mail an die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen gesandt. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Pähle hat am 24.3.2017 wie folgt geantwortet:

Sehr geehrter Herr Poggenburg,

meine Fraktion begrüßt, dass die Bundesregierung die absurden „Nazi“-Vorwürfe von türkischen Regierungspolitikern gegen die Bundesrepublik Deutschland klar zurückgewiesen hat. Wir teilen auch die Auffassung, dass diese Vorwürfe eine Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozialismus und eine Verhöhnung seiner Opfer darstellen.

Die Feststellung, dass die vom deutschen NS-Regime begangenen Menschheitsverbrechen historisch einzigartig sind, bedeutet jedoch nicht, dass solche Verbrechen sich nicht wiederholen können, sondern dass sie sich nicht wiederholen dürfen. Deshalb ist die Erinnerungskultur so wichtig, deren Diffamierung durch Ihren Fraktionsvorsitzendenkollegen Höcke zu verteidigen Sie nicht müde werden.

Diese Erinnerung ist jedoch keine museale Aufgabe, sondern Teil der gelebten Grundwerte unserer Demokratie. Die deutschen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben sich von dem Tag an, an dem sie aus der Haft, aus dem Exil, aus der Illegalität oder aus der durch den NS-Angriffskrieg verursachten Kriegsgefangenschaft zurückkehrten, der Aufgabe gewidmet, vor alten und neuen Nazis zu warnen, auch und gerade dann, wenn sie sich ein demokratisches Mäntelchen umhängten.

Dieser Aufgabe sehen wir uns auch in den Parlamenten verpflichtet. Die Zerstörung der parlamentarischen Demokratie von innen heraus gehörte zur Machtergreifungsstrategie der NSDAP. Instrumente dieser Strategie waren die Herabwürdigung und Lahmlegung der parlamentarischen Institutionen ebenso wie der menschenverachtende Umgang mit dem politischen Gegner.

Wenn wir Warnsignale erkennen, die an dieses Vorgehen erinnern, werden wir sie auch künftig im Landtag von Sachsen-Anhalt thematisieren und in ebendiesen historischen Kontext stellen. Das gilt für provokative Auftritte wie den Auszug Ihrer Fraktion nach der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten ebenso wie für gezielte verbale Ausfälle, etwa Ihre menschenverachtenden und in der Sprache des Nationalsozialismus gehaltenen Äußerungen über die Studierenden, die gegen eine AfD-Veranstaltung in der Otto-von-Guericke-Universität protestierten.

Von dieser Haltung meiner Fraktion dürfen Sie nicht die geringsten Abstriche erwarten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Katja Pähle, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Sachsen-Anhalt