Landtag fasst Beschluss zur Stilllegung der Giftschlammgrube Brüchau
12. Juni 2020

„Alle Behörden müssen jetzt zur Auskofferung der Grube an einem Strang ziehen“

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat heute erneut über die Stilllegung der Giftschlammgrube Brüchau beraten und ein Beschluss für die Auskofferung gefasst. In der Debatte rief der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Hövelmann, dazu auf, dass alle Behörden zur Umsetzung an einem Strang ziehen. Die Rede im Wortlaut:

Vor drei Jahren, im Mai 2017, hat der Landtag in dieser Wahlperiode den ersten Beschluss zur Schließung der Deponie Brüchau gefasst. Die Hauptbotschaften waren:

  • Die Prüfung der möglichen Stilllegungsvarianten muss ergebnisoffen erfolgen.
  • Der Schutz der Bevölkerung, der Umwelt und des Grundwassers sind maßgeblich für die Entscheidung über die Vorzugsvariante.

Es gab weitere Debatten im Plenum, und es gibt kaum ein Thema, das in dieser Wahlperiode im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung so oft behandelt wurde wie das Thema Brüchau. Dazu zählten auch Fachgespräche mit zahlreichen Gästen einschließlich der örtlichen Bürgerinitiative, eine umfassende Akteneinsichtnahme, Abgeordnetenbesuche vor Ort und die Teilnahme an Gesprächsrunden in der Region. All das belegt, wie ernst der Landtag dieses Problem nimmt.

Heute kommen wir zu einem besonders wichtigen Zwischenschritt in der parlamentarischen Behandlung des Themas Brüchau. Wir wollen mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen erreichen, dass der Landtag feststellt, welche Schritte jetzt erforderlich sind. Die Feststellungen gehen zurück auf die Ergebnisse des Erkundungsverfahrens, über die das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung in der Ausschusssitzung am 6. Februar 2020 informiert hat.

Ich vermute, dass nicht viele von uns davon überrascht sind, dass das Ergebnis lautete: Die Grube ist nicht dicht. Und jedenfalls ich war auch nicht davon überrascht, dass Minister Willingmann aufgrund dieser Erkundungsergebnisse die Auskofferung der Grube als Vorzugsvariante bezeichnete. Von diesen Ergebnissen führt eine gerade Linie zu dem Beschluss, den wir heute fassen wollen. Ich bin dankbar, dass sich Minister Willingmann heute so eindeutig positioniert hat und dass sich alle drei Koalitionsfraktionen klar für diesen Antrag entschieden haben.

Umso erstaunter war ich, dass in dieser Phase ausgerechnet aus dem Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie eine Stellungnahme der Landesanstalt für Altlastenfreistellung neue Irritationen ins Verfahren bringt. Aus dieser Stellungnahme geht hervor, dass aus Sicht der Landesanstalt nur eine Variante, nämlich die Abdichtung der Grube in Betracht kommt – und zwar weil andere Varianten wie die Auskofferung aus finanziellen Gründen unverhältnismäßig seien.

Das ist jetzt eine Gemengelage, die der Landtag nicht auflösen kann, und ich bitte Ministerin Dalbert, hier für Klarheit zu sorgen. Der Landtag jedenfalls hat 2017 klar Position bezogen, und die hieß:

  • Es wird ergebnisoffen untersucht;
  • auf die Untersuchungsergebnisse kommt es an;
  • und auf deren Basis wird dann entschieden.

Und verbunden war das – ich zitiere aus unserem Beschluss vom 4. Mai 2017 – mit der Festlegung: „Der Entscheidung sollen ausschließlich Sachargumente und das Wohl von Mensch und Umwelt zugrunde gelegt werden. Finanzielle Aspekte sind nachrangig.“ Daran sollten wir uns halten.

Ich stelle fest:

  • Was die Untersuchungen ergeben haben, ist klar: Die Grube ist nicht dicht.
  • Was der Landtag will, ist klar, und das werden wir heute nochmal untermauern.
  • Was die betroffene Bevölkerung erwartet, ist ohnehin seit langem nicht zu überhören.

Jetzt ist die Landesregierung gefragt, für Klarheit zu sorgen. Auch wenn alle Fragen geklärt sind, wird die Sanierung in Brüchau Zeit brauchen. Wer einen anderen Eindruck erweckt, streut den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen. Ich bin überzeugt: Mit objektiven Anforderungen des Entsorgungsprozesses können die Menschen vor Ort umgehen und leben. Mit weiteren bürokratischen Verzögerungen nicht.

Diesen Beschluss hat der Landtag von Sachsen-Anhalt heute einstimmig gefasst:

Sichere Auskofferung der Giftschlammgrube Brüchau angehen

Das Erdgas-Unternehmen Neptune Energy hat mit Datum vom 13. Mai 2020 seinen Endbericht zu den Untersuchungen der Obertagedeponie Brüchau, einer Anlage zur Ablagerung von bergbaulichen Abfällen, veröffentlicht.

Der Landtag möge beschließen:

1. Der Landtag von Sachsen-Anhalt begrüßt, dass mit dem vorliegenden Endbericht endlich Klarheit über den Inhalt und die Gefährdung besteht, die von der Bohrschlammdeponie Brüchau für die Menschen und Umwelt in der Altmark ausgeht.

2. Der Landtag stellt fest, dass die Untersuchung der Bohrschlammdeponie Brüchau zu einer gutachterlich vorgenommenen aktualisierten Gefährdungsabschätzung geführt hat, die eine Neubewertung möglicher Schließungsvarianten als Ergebnis hat. Bereits im Rahmen der Berichterstattung zum Zwischenbericht im Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung am 6. Februar 2020 hat das zuständige Ministerium die vollständige Auskofferung als Vorzugsvariante zur Stilllegung benannt.

3. Der Landtag bittet die Landesregierung zur Umsetzung dieser Vorzugsvariante sicherzustellen, dass unverzüglich ein genehmigungsfähiger Plan für eine zügige und sichere Beseitigung der gesamten Giftschlammgrube, für einen Abtransport und eine sichere Endlagerung der Inhaltsstoffe in geeigneten Deponien an anderen Standorten sowie für die notwendigen Maßnahmen zur Renaturierung und zum Gewässerschutz einschließlich Reinigung von kontaminiertem Grundwasser erarbeitet wird. Abtransport und Endlagerung dürfen nicht zu neuen Gefährdungen von Mensch und Umwelt führen. Über die weitere Verfahrensweise und den Fortschritt der Beplanung ist regelmäßig im zuständigen Ausschuss des Landtages zu berichten.